NGT8
* Zusätzliche Bemerkungen:
1101 | Trug im Dezember 1994 kurzzeitig die Wg.-Nr. 1501. |
1102 | 11.01.1995 Entgl. 1102-1 in HWH, 19.01.-24.08.95 in Bautzen (siehe auch 1156), (1102-2; als Ersatzlieferung ) |
1104 | Im Mai 2002 A-Teil leihweise an 1124 |
1124 | 30.04.2002 Zusammenstoß mit 1131 Im Mai 2002 A-Teil leihweise von 1104 |
1131 | 30.04.2002 Zusammenstoß mit 1124 Totalschaden A-Teil (Neuaufbau bei LFB) |
1146 | Erstes Fahrzeug mit LED-Rückleuchten |
1156 | 1102-1 wurde nach Rückkehr aus Bautzen in HWH repariert und dann in 1156 umnummeriert |
Der NGT8
Mit der Rahmenvertragsunterzeichnung am 14. April 1993 zwischen den LVB und den damaligen Firmen DÜWAG, Waggonbau Bautzen, Siemens Verkehrstechnik Erlangen und ABB Henschel Mannheim, einer heute nicht mehr möglichen und auch nicht vorstellbaren Firmenkoalition, wurde der NGT8 für Leipzig bestellt. Beim NGT8 handelt es sich um einen achtachsigen, ausschließlich mit Drehgestellen ausgestatteten, dreiteiligen Niederflurgelenktriebwagen mit einer Länge von knapp 28 m, einer Wagenkastenbreite von 2,20 m sowie einer Anzahl von ursprünglich 76 Sitz- und 114 Stehplätzen. Inzwischen muss aber die Sitzplatzanzahl aufgrund der erfolgten Umbauten im Fahrgastraum auf 64 Sitzplätze korrigiert werden.
Das Ziel der LVB war ein im gesamten Netz freizügig einsetzbares und einsatzstabiles Fahrzeug, was nicht nur mit der Breite von 2,20 m erreicht wurde, sondern auch mit der ausschließlichen Verwendung von Drehgestellen. Während das vordere und hintere Wagenteil des NGT8 mit je einem Triebdrehgestell ausgestattet ist, besitzt das Mittelteil an beiden Enden je zwei kleinrädrige Laufdrehgestelle, welche sich vorher in einem Berner Wagentyp erfolgreich bewährt hatten. Die Entscheidung der damaligen Verantwortlichen der LVB für den Kauf eines ausschließlich mit Drehgestellen ausgestatteten Niederflurfahrzeugs darf als sehr vernünftig und zukunftsweisend angesehen werden, da sich die Konstruktion des NGT8 bewährt hat und im Gegensatz zu in der selben Zeit gefertigten niederflurigen Produkten anderer Hersteller anfängliche Kinderkrankheiten ausblieben.
Nachdem am 19. November 1994 der Tw 1101 als erster Vertreter der insgesamt 56 NGT8 in HwH eintraf, wurde er am 13. Dezember 1994 auf dem Augustusplatz der Öffentlichkeit vorgestellt. Nach der endgültigen Übergabe des Tw 1101 an die LVB am 26. Januar 1995 begann am 1. Februar 1995 der Linieneinsatz auf der damaligen Pilotlinie 16. Der Folgewagen 1102 entgleiste dagegen vor der Äbergabe an die LVB durch zu schnelles Fahren und die Verwendung der falschen Bremssandsorte auf dem Gelände der Hauptwerkstatt, wodurch das Vorder- und Mittelteil erheblich beschädigt wurden und nur das Hinterteil unbeschadet übrig blieb. Als Ersatz wurde ein neuer Tw 1102 geliefert, während 1996 unter Einbezug des hinteren Teils des vorigen verunfallten Tw 1102 ein neuer Triebwagen entstand, welcher mit der Wagennummer 1156 den Abschluss der Nummernreihe der NGT8 bildet und aufgrund des schweren Unfalls in HwH auf den Namen "Pechvogel" getauft wurde. Alle anderen 55 NGT8 erhielten auch Namen; aber nicht betriebsbedingte wie beim Falle des Tw 1156, sondern Namen berühmter Leipziger Persönlichkeiten, Gebäude, Landschaften und historischer Begebenheiten. Im Jahr 2007 kam es zu einer Umbenennung der NGT8, welche seitdem nur noch Namen berühmter Leipziger Persönlichkeiten tragen.
Bis zum Jahr 1998 wurden alle Fahrzeuge ausgeliefert und größtenteils im Straßenbahnhof Wittenberger Straße beheimatet, wobei der Straßenbahnhof Dölitz auch einen kleinen Teil der NGT8 einsetzte. So ist es bis heute geblieben. Während der Zeit des alten Netzes gelangten die NGT8 täglich auf den Linien 2, 5, 10 (später in 11E umbenannt), 16, 20, 21, 24, 28 und 58 zum Einsatz, wobei nicht alle genannten Linien durchgängig von 1995 bis 2001 mit NGT8 bedient wurden. Während die NGT8 auf den Linien 10 bzw. 11E, 16 und 28 fast ausschließlich zum Einsatz kamen, wurde die Linie 24 gegen 1999/2000 wieder mehr zu einer Domäne der Tatras, wobei erst zu diesem Zeitpunkt die NGT8 auf der im August 2000 nach Lößnig verlängerten Linie 2 erschienen. Mit der Liniennetzreform am 27. Mai 2001 übernahmen die NGT8 den Verkehr auf den Linien 2, 4, 9, 10, 12 und 16, in den Tagesrandlagen und am Wochenende waren sie auch auf anderen Linien anzutreffen.
Da die NGT8 sofort nach ihrer Ankunft in HwH in den Linieneinsatz gelangten und stets fast rund um die Uhr fuhren, was zweifellos für die gute Konstruktion der Fahrzeuge spricht, hatten die ersten NGT8 bereits gegen Ende 2001 eine Kilometerlaufleistung von 500.000 km erreicht, womit sie laut § 57 der BO-Strab eine Hauptuntersuchung (HU) erhalten mussten. Tw 1120 war der Prototyp der hauptuntersuchten NGT8 und ging nach erfolgte HU Ende Dezember 2001 in den Fahrgasteinsatz. Im Gegensatz zu den bisherigen NGT8 erhielten die hauptuntersuchten NGT8 u.a. eine Matrixaußenanzeige, einen neuen Stoffbezug für die Fahrgastsitze, zwei neue Stellflächen für Kinderwagen und Rollstuhlfahrer sowie eine Videoüberwachung im Fahrgastraum. Die Tw 1120 und 1112 erhielten noch eine relativ kleine und schlecht lesbare Matrixanzeige, welcher aber bei den folgenden Fahrzeugen zu Gunsten einer größeren Anzeige nicht mehr zur Anwendung kam - auch die Tw 1120 und 1112 trugen bald diese größere Anzeige. Doch auch diese große Anzeige ist je nach Wetterlage und Lichteinfall von sehr gut bis sehr schlecht erkennbar und damit alles andere als ein guter Ersatz der stets gleich gut lesbaren Linienfilme.
Mit dem Tw 1140 startete bereits im September 2000 das Fahrgastfernsehen in Leipzigs Straßenbahn, welches nach und nach in allen 56 NGT8 Einzug hielt. Diese erste Periode des Fahrgastfernsehens hielt bis ins Jahr 2002 an, als dann die Betreiberfirma tv-S Insolvenz beantragen musste. Seit dem Herbstauftakt vom 18. September 2004 erlebt das Fahrgastfernsehen, nun von regional ansässigen Medienfirmen betrieben, seine zweite Periode, obwohl es nicht so reichhaltig wie das erste Fahrgastfernsehen ist.
Dank ihrer Werbungen änderten die NGT8 relativ oft ihr Erscheinungsbild. Ursprünglich sollten beim NGT8 nur die oberen Dachkanten als Werbefläche herhalten, doch bald wurde auch der Bereich unterhalb der Fenster und oberhalb der Drehgestelle für Werbungen entdeckt. Am 11. Juli 1999 wurde dann der erste Vollwerbe-NGT8 (Tw 1125) vorgestellt, welcher eine schwarze Grundfarbe erhielt und für den in Markkleeberg ansässigen Küchenmarkt "I-Punkt-Küche" warb. Aufgrund seines schwarzen Aussehens wurde der Tw 1125 bald als "Schwarzer Sarg" bezeichnet und in seinem schwarzen Trauergewand verabschiedete er Anfang Oktober 1999 auch die Straßenbahnstrecke in der August-Bebel-Straße. Übrigens wurde am 29. August 1997 auch die Straßenbahnstrecke in Anger-Crottendorf mit dem damals neuesten Tw 1142 verabschiedet, welcher der erste und auch einzige NGT8 auf dieser Strecke war. Doch zurück zu den Vollwerbebahnen: In der Folge gab es an den NGT8 verschiedene und oft wechselnde Vollwerbungen, wobei es optisch ansprechende, aber auch eher das Stadtbild verschandelnde Vollwerbungen gab. Resultierend daraus fragten die LVB im Jahr 2000 ihre Fahrgäste, welche NGT8-Vollwerbung am besten gefalle. Der Tw 1130 ("Hausbahn", erste Variante einer Vollwerbung für die LWB) entschied seinerzeit das Rennen für sich und fuhr dann deutlich gekennzeichnet als die "schönste Straßenbahn der LVB".
Zum Ende des Jahres 2005 entschied man sich, die noch hauptzuuntersuchenden NGT8 mit einer grauen Farbgebung auszustatten. Auch diese Farbgebung steht den Triebwagen gut zu Gesicht und wurde bei allen Fahrzeugen ab 1144 ff. eingeführt, wobei inzwischen aber auch einzelne Exemplare der Reihe 1101-1143 diese Farbgebung tragen. Mit der inzwischen begonnenen zweiten HU werden nun nach und nach alle NGT8 "ergrauen", sofern sie nicht eine mehr oder weniger attraktive Vollwerbung tragen.
Inzwischen ist die dritte HU bei den NGT8 angelaufen, in deren Rahmen nun alle noch gelben Wagen "ergrauen" - diesmal wieder als Lack und nicht als Folie, welche sich als zu umständlich, zu teuer und zu unpraktisch erwiesen hatte. Der Tw 1120 erhielt sogar eine orangefarbige Anzeige mit farbig hinterlegter Liniennummer - allerdings bleibt diese Art Anzeige vorerst nur bei diesem Triebwagen. In der ersten Jahreshälfte 2010 erhielten alle NGT8 neue Frontlampen, welches nun ein kleines Tageslicht beinhalten. Die Mehrheit der Triebwagen verkehrt seit dem 1. Juli 2010 mit diesem Tageslicht, welches bewirken soll, dass die anderen Verkehrsteilnehmer noch schneller die Straßenbahn als solche wahrnehmen.
Im Rahmen seiner zweiten HU erhielt Tw 1101 im ersten Quartal 2011 im hinteren Bereich eine feste Scharfenbergkupplung samt E-Teil sowie eine veränderte Bordelektronik, um damit zusammen mit Beiwagen im Linienverkehr verkehren zu können. Die ersten Probefahrten im Beiwagenbetrieb fanden dabei mit einem Exemplar des Typs B4D-NF statt, dies allerdings nur im Gelände der Hauptwerkstätten Heiterblick. Auf der öffentlichen Straße fuhr man dann aber mit einem Beiwagen des Typs NB4, mit denen die NGT8 im Linienverkehr eingesetzt werden sollen. Seit dem 2. August 2011 wird Tw 1101 mit dem Bw 906 im Zugverband für ein Jahr eingesetzt. Meistens ist dieses Gespann auf Linie 7 anzutreffen. Die in diesem Zeitraum gesammelten Erfahrungen sollen nach ihrer Auswertung in die weitere Entwicklung dieses Projekts einfließen. Es ist angedacht, die NB4 insbesondere nach dem Ausscheiden der Tatrabahnen im Zugverband mit den NGT8 einzusetzen.
Im Jahr 2012 erhielten alle NGT8 eine neue Frontanzeige mit farbige Linienkennzeichnung. Außerdem wurde im Jahr 2012 mit Tw 1139 der letzte gelbe NGT8 einer HU unterzogen.
Insgesamt haben sich die NGT8 sehr gut bewährt und sind ein fester Bestandteil des Leipziger Stadtbildes geworden. Leider haben sie sich für bestimmte Linien als zu klein erwiesen - insbesondere auf den Linien 4 und 10 kommt es regelmäßig zu Kapazitätsengpässen.
Text: Sebastian Naumann / Paul Schmidt
LVB-Typ | 36 |
Serie | 1101-1156 |
Hersteller | DWA, Siemens |
Baujahr | 1994-1998 |
Spurweite | 1458 mm |
Länge über Puffer | 27,77 m |
Breite | 2,20 m |
Höhe über Dachaufbauten | 3,45 m |
Fußbodenhöhe über Schienenoberkante | 56 cm / 35cm |
Trittstufenhöhe über Schienenoberkante | 30 cm |
Leergewicht | 31900 kg (32,0t) |
Antrieb | Chopper |
Motorleistung | 4 x 95 kW bei 600V / 750V= |
Höchstgeschwindigkeit | 70 km/h |
Anfahrbeschleunigung | 1,3 m/s2 |
Bremsverzögerung aus 70km/h (Betriebsbremsung) | 1,3 m/s2 |
Bremsverzögerung (Notbremsung) | 2,77 m/s2 |
Sitzplätze | 62 |
Stehplätze | 79 |