Solaris Urbino 8,6 "Alpino"

 

Fahrzeugliste 

Nr. alte Nr. Baujahr Erstzulassung Bemerkung Fotos
11009 24 2009 15.09.2009 abgestellt 09.07.2023
Letzter Einsatz 06.06. Linie 66

Zählfahrzeug
11010 25 2009 15.09.2009 abgestellt 21.04.2017 nach Fahrzeugbrand
Letzter Einsatz 21.04. Linie 108
11011 26 2009 15.09.2009 abgestellt 09.07.2023
Letzter Einsatz 07.07. Linie 66
11012 27 2009 15.09.2009 abgestellt 09.07.2023
Letzter Einsatz 22.06. Linie 66

als zukünftiger Museumswagen vorgesehen
11013 28 2009 15.09.2009 abgestellt
Letzter Einsatz 09.11.2022 Linie 63

Zählfahrzeug
 

 

U 8,6 ''Alpino''

Die Geschichte des Einsatzes von sogenannten Midibussen, unter denen man maximal zehn Meter lange sowie in der Regel 2,40 m breite Busse versteht, begann in Leipzig vor mittlerweile zehn Jahren, als Anfang Oktober 1999 die Linie 89 ihren Betrieb mit den fünf Citos MB O 520 aufnahm. Es folgten im September 2001 die zwei Mercedes-Benz Sprinter für die Linien 68 und 76, wobei der Sprintereinsatz auf der letztgenannten Linie mit der Eröffnung des unmittelbar neben der Herzklinik befindlichen Parkkrankenhaus im Februar 2002 endete, dafür aber im August 2003 auf der als Ersatz für die stillgelegte Straßenbahnlinie 13 errichteten Buslinie 63 aufgenommen wurde.

Bereits im Jahr 2002 versuchte man, die dank ihres dieselelektrischen Antriebs sehr kosten- und wartungsintensiven Citos durch neue, verbrauchsärmere Midibusse zu ersetzen. Tatsächlich wurde im Oktober 2002 noch ein Midibus erworben, hierbei handelte es sich aber um einen weiteren Cito, welchen der RVL unter dem Kennzeichen L-VR 5083 für die neu errichtete Tauchaer Stadtbuslinie 178 in Betrieb nahm. Der damalige Ersatzeinkauf für Midibusse scheiterte, aber die Absicht zum Ersatz der ungeliebten Citos blieb während der gesamten Jahre als unausgesprochener Wunsch seitens der von den Tücken der smarten dieselelektrischen Fahrzeuge geplagten Werkstattangestellten und Fahrer, aber auch der Nahverkehrsfreunde bestehen. Bereits im Sommer 2008 trennte man sich von den Citos Nr. 12 und 13, welche durch die Lieferung neuer Solaris Urbino 12 abgestellt und in die litauische Hauptstadt Vilnius verkauft werden konnten, wo sie zusammen mit einigen ehemaligen SL 202 der LVB in den gelb/blauen Unternehmensfarben der LVB sowie den LVB-Logos zum Einsatz gelangen. Dem vorausgegangen war bereits am 3. September 2006 das Einsatzende der Citos auf der langjährigen Stammlinie 89, von nun an verkehrten sie auf schwach frequentierten Außenlinien, besonders auf den Linien 61, 76, 81, 82, 83, 161, 163, 165 und 178. Hinzu kamen regelmäßige „Sprinter-Ersatzdienste“ auf den Sprinter-Stammlinien 63 und 68.
In den Investitionsplan für das Jahr 2009 nahmen die LVB nun auch die Absicht zum Kauf von fünf neuen Midibussen mit einer Option auf zwei weitere bauartgleiche Fahrzeuge zum Ersatz der alten Fahrzeuge auf. Die Ausschreibung hierzu wurde bereits im Jahr 2008 gestartet. Gewinner der Ausschreibung wurde Solaris mit dem Urbino 8,6, welcher aufgrund seiner Wendigkeit speziell auf engen Gebirgsstraßen wie in den Alpen den Produktnamen Alpino trägt. Der Stückpreis pro Fahrzeug beträgt 220.000 EUR, so dass das Auftragsgesamtvolumen bei 1,1 Mio EUR liegt. Diese Summe bezahlten die LVB komplett aus der eigenen Kasse ohne jegliche finanzielle Unterstützung aus der öffentlichen Hand.
Bei dem Solaris Urbino 8,6 handelt es sich um einen 8,6 m langen, 2,4 m breiten und 2,85 m hohen zweitürigen Niederflurbus mit einem Radstand von 3,72 m. Im Fahrzeug befinden sich 17 Sitzplätze, von denen zwei als Klappsitze ausgeführt sind. Links neben der einflügeligen Tür 1 befindet sich der Stellplatz für den Automat, für den diesmal auf dem Konstruktionspapier keine Sitzplätze weichen mussten. Weiterhin ist das Fahrzeug wie alle neuen Solarisbusse der LVB im Fahrgastraum mit einer manuell ausklappbaren Rollstuhlrampe an der Tür 2, einem Mehrzweckbereich gegenüber derselben  Tür für einen Rollstuhl oder Kinderwagen, einer Fahrgastraumvideoüberwachung sowie einem Monitor für den Fahrtstreckenverlauf sowie für das Fahrgastfernsehen ausgerüstet. Hinten rechts in der Ecke befindet sich der Schrank für den aufrecht stehenden Motor, welcher diesmal nicht von MAN oder DAF, sondern von Cummins stammt und die Formel ISBe5 250 B trägt sowie eine Leistung von 178 kW bzw. 242 PS bei 6,7 l Hubraum bietet. Einen besonders großen Wert legte man auf die umweltgerechte Ausstattung des Fahrzeugs. Wie bei den Solaris Urbino 12 III wurde auch hier der Motor nach der EEV Norm 5 eingebaut, zusätzlich gibt es am Abgas einen Rußpartikelfilter sowie eine Harnstoffmischung. Dank dieser Komponenten bläst der Alpino wie bereits seine größeren Brüder mit dem grünen Dackel weniger Schadstoffe als ein Erdgasbus in die Luft und ist damit umweltfreundlicher als ein Erdgasbus. Auch in Sachen Vertriebssystem beschreitet man mit den Fahrzeugen neue Wege: Alle Alpinos erhielten IBIS-Geräte mit den verschiedenen Systemen IBISplus und IBIS2, wobei das IBIS2 so lange in Nutzung verbleibt, bis dass das neue System IBISplus in Betrieb genommen werden wird.
Mit dem Alpino, welcher aufgrund seines kurzen Radstandes und seines im Vergleich zum Cito 1,4 m kürzeren Wagenkastens bedeutend wendiger als der Cito ist, kann nun auf allen kurzen Buslinien der LVB erstmalig ein vollwertiger komfortabler und vor allem gut gefederter Bus eingesetzt werden. Stammlinien der Alpinos waren anfangs die Quartierslinien 63, 68, 76 und 83, bis zum 12. Dezember 2009 auch die Linie 178. Die Busse sind dabei nicht nur wagenkastenseitig für die schmaleren Straßen angepasst, sondern verbrauchen im Vergleich zum 12-m-Bus bei einem angemessenen ruhigen Fahrstil, der auf diesen Linien oft gefahren wird, 1/3 weniger Sprit. Inwieweit sich der geringere Spritverbrauch mit dem Aufwand in der Werkstatt ausgleicht (schließlich handelt es sich ja um einen neuen Fahrzeugtyp mit neuen Rädern und Reifen), bleibt abzuwarten.
Der Bau der Fahrzeuge begann im polnischen Werk Bolechowo im Juli 2009. Nachdem die fünf Kleinbusse bereits Ende August so gut wie fertig gestellt waren, wurden sie in der Nacht vom 13. zum 14. September 2009 nach Leipzig gefahren, wo sie am Morgen des 14. September auf dem Areal des Bushofs Lindenau eintrafen. Bereits am Folgetag erfolgte deren Anmeldung, so dass am Mittwoch, dem 16. September, an allen Fahrzeugen die Kennzeichen L-NV 1024 bis 1028 sowie die Wagennummern 24 bis 28 angebracht werden konnten. Im Interesse einer lückenlosen Nummernreihe entschied man sich nicht zur Öffnung einer neuen Zehnerreihe. Die an die Sprinter anschließende Wagennummer 22 wählte man nicht, weil das Kennzeichen L-NV 1023 durch den als Infobus dienenden letzten MAN SL 200 ex Vestische Straßenbahn belegt ist und diese Nummer in Anbetracht des beabsichtigten langfristigen Erhalts dieses Fahrzeugs als historischen Bus der LVB bzw. „AG Historische Nahverkehrsmittel Leipzig e.V.“ auch nicht verschwinden wird.
Die Inbetriebnahmearbeiten an den Fahrzeugen verliefen zügig und störungsfrei, so dass die Übergabe des ersten Fahrzeugs bereits zehn Tage nach der Anlieferung für den Donnerstag, den 24. September 2009, vorgesehen wurde. Hierfür wurde der Wagen 24 auserwählt, welcher gleichzeitig der 50. von Solaris an die LVB ausgelieferte Solarisbus ist und am oberen Bereich der Frontscheibe einen entsprechenden Schriftzug trägt. Hierfür wurde extra eine Sonderanweisung herausgegeben, gemäß dieser der Wagen 14.25 Uhr als Kurs V.7681 im Bushof Lindenau auszurücken und 14.55 Uhr an der Herzklinik zu sein hatte. 15 Uhr begann die offizielle Übergabe, wozu sogar die stellvertretende Geschäftsführerin von Solaris, MaÅ‚gorzata Olszewska, angereist war. Nach einer kurzen Probefahrt sowie der Erläuterung des Fahrzeugs übergab sie dem Fahrer, welcher im September 50 Jahre alt geworden war, als nachträgliches Geburtstagsgeschenk einen grünen Solaris-Plüschdackel, welcher während der gesamten Schicht schön sichtbar an der Frontscheibe zur Erheiterung der Fahrgäste mitfuhr. Anhand dieses Beispiels sieht man, mit welch einfachen Mitteln sich ein etabliertes Unternehmen in der Öffentlichkeit sympathische Aufmerksamkeit verschaffen kann, schließlich war die Ähnlichkeit des Plüschdackels zum kleineren Dackel an der Fahrzeugfront für jedermann leicht erkennbar.
15.20 Uhr begann der Einsatz des Wagens 24 auf dem Kurs V.7691, welcher bis zum Abend gegen 21 Uhr andauerte. Während dieser Zeit traten keine Probleme auf, der Fahrer konnte auch keinerlei Mängel am Fahrzeug bemerken. Im Gegensatz zum sonstigen Betriebsgeschehen, bei dem der Kurs der Linie 76 nach Paunsdorf einrückt und am nächsten Tag auf Linie 83 verkehrt, rückte der Alpino gemäß Anweisung zum Bushof Lindenau ein.
Erst am Montag, dem 28. September 2009, wurde der Wagen 24 wieder im Linienverkehr eingesetzt. In dieser 40. Kalenderwoche wurden auch alle übrigen Alpinos in Betrieb genommen. Seitdem sind die Fahrzeuge recht zuverlässig auf den oben genannten Linien unterwegs, wobei auch schon „Fremdeinsätze“ auf anderen Linien, so beispielsweise am 9. Oktober auf Linie 84, vorgekommen sind.
Aktuell kann man die Alpinos wochentags auf den Linien 63, 77, 83 und 87/88 (ein Kurs) antreffen. Gelegentlich findet man sie auch auf den Linien 66 und 67. Am Wochenende findet man diese Fahrzeuge auf den Linien 62E (Sonntag), 77 und 87.
 
Sebastian Naumann